Spätestens im November ist es soweit. Die Tage werden spürbar kürzer, auf ein paar goldene Herbstattage folgt das unbeständige Wetter mit kühlen Temperaturen unter Null, die sich wie ein Nebelschleier über die Häuser legen und mich zum Ankommen in der Stille auffordern. Ich denke zurück an die ausgelassenen Sommertage, an denen ich bis tief in der Nacht mit Freunden im Park saß und vor Tatendrang sprühte. Einkehr. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten kommt auch die Dunkelheit und mit ihr die einzige Zeit im Jahr, die es mir ermöglicht, ein ganz besonderes Farbspiel zu genießen. Es ist gerade mal später Nachmittag, ich beobachte wie sich langsam der Himmel verdunkelt, die Sonne hinter dem Horizont verschwindet und die Nacht sich wie eine weiche Decke über die Dächer von Leipzig legt. Eingemummelt in meine Winterjacke entschließe ich mich für einen späten Winterspaziergang. Mein Atem bildet einen weißen Nebel und ich versteck mich unter meinem Schal. Im malerischen Glanz nehme ich die Umgebung wahr. Zahllose Laternen treten in ihren Dienst, die die winterlichen Straßen mit ihrem warmen Licht erhellen. Ich ertappe mich beim Träumen von den ersten Schneeflocken und stelle mir vor, wie diese die Straßen, Wiesen und Felder wieder ganz neu in Szene setzen. Alle Hektik, alle Betriebsamkeit scheint zu verstummen. Ruhe beginnt sich zu entfalten. Der Winter bedeutet für mich Einkehr, innerlich wie äußerlich und nichts lässt mich das so spüren wie winterlich verschneite Straßen, die einem scheinbar ganz allein gehören und die im warmen Schein des Lichtkegel so friedlich wirken, wie zu keiner anderen Zeit im Jahr.

Einen ähnlichen hinreißenden Charme bringt die Adventszeit mit sich. Denn in diesen Tagen beleuchten neben Straßenlaternen auch zahllose Lichterketten in den hell erleuchteten Fenstern die Dunkelheit, die mir zeigen, dass die Welt voller Leben und Wärme ist. Ich bleibe plötzlich stehen und lasse all die vielen bunten Lichter auf mich wirken. Die Kälte, die mich zu Beginn meines Spazierganges  überrascht hat, spielt plötzlich keine Rolle mehr. Im Gegenteil. Sie verleiht dem Lichterspiel den richtigen Glanz – und wärmt die Seele auf eine Art und Weise, wie es nur bei Minusgraden möglich ist.
Es ist Zeit nach Hause zu gehen. Diese verzauberte Welt, die ich in der Vorweihnachtszeit nur allzu gern auf den Straßen bestaune, inspiriert mich dazu, mein zu Hause festlich zu schmücken. Und so werden Lichterketten angebracht, rote Schleifen aufgehangen, bunte Weihnachts- und Schneemänner aus Blech aufgestellt und Räucherkerzen angezündet. Auf diese Weise schaffe ich mir einen heimeligen Ort, an dem ich mich gern zurückziehe. Hier finde ich die Ruhe, Stille und Besonderheit, die mir in den Sommertagen manchmal fehlt. Im Winter jedoch wird das eigene zu Hause zu einem kuscheligen Reich, in das ich deshalb so gern einkehre, weil ich mich mit meiner Einkehr zu Hause sofort entspannt und aufgewärmt fühle. Was könnte es da schöneres geben, als sich mit dem Lieblingsbuch und einer Tasse Tee auf die Couch zu kuscheln und noch ein bisschen die Ruhe zu genießen. Wie von Zauberhand erscheint die Welt weit weniger aufregend, schnell und fordernd. Das ist Balsam für Körper, Geist und Seele. Vor allem aber lädt die Atmosphäre zum Träumen ein, etwas wofür im Alltag meist viel zu wenig Zeit bleibt. Ich ertappe mich, wie meine Gedanken, während ich das Flackern der Kerze beobachte, auf Wanderschaft gehen. Dann wird es plötzlich wieder ganz still. Weil die Tage kürzer und dunkler werden und der Winter mir dieses wundervolle Farbenspiel schenkt, versteht sich meine Seele auf eine ganz besondere Weise aufgewärmt. Dankbarkeit füllt min Herz.